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Erfolgreiches Rezessionsmanagement mit einer Weichgewebematrix (PADM)

Mukogingivale Defekte wie singuläre parodontale Rezessionen können von funktionalen und ästhetischen Beeinträchtigungen über Schmerzen bei der Nahrungsaufnahme bis hin zu einer Schädigung des Alveolarknochens führen und stellen daher einen zahnmedizinisch behandlungsbedürftigen Risikofaktor dar. Werden solche Rezessionen statt mit Bindegewebstransplantaten mit einer porcinen azellulären dermalen Weichgewebematrix (PADM) gedeckt, erspart das den Patienten die zusätzliche Belastung einer intraoralen Gewebeentnahme und senkt das Risiko unerwünschter Morbidität durch den Zweiteingriff.

Singuläre parodontale Rezessionen der Miller-Klasse II – bis zur oder über die mukogingivale Grenze hinaus, jedoch ohne Verlust von parodontalem Knochen oder Weichgewebe [4] – treten mit hoher Prävalenz an den Eckzähnen im Oberkiefer auf. Daher sind sie Prädilektionsstellen für weitergehende Defekte und erfordern plastisch-parodontalchirugische Maßnahmen. Erfolgt dabei eine Defektdeckung mit einem autologen Bindegewebetransplantat, ist die Entnahme mit einem zweiten intraoral-chirurgischen Eingriff und entsprechenden Risiken verbunden. Um den Patienten dem nicht aussetzen zu müssen, bietet sich alternativ die Deckung mit einer dermalen Weichgewebematrix der neuen Generation in Kombination mit einem Verschiebelappen an. Damit lassen sich die ursprünglichen Gewebestrukturen in aller Regel bereits mit nur einem Eingriff wieder weitgehend herstellen [2] und bei gleichzeitigem Erhalt der befestigten Mukosa eine Verdickung des Weichgewebes erreichen. Eine ausreichende Zone befestigter Mukosa gilt dabei als Indikation für die Deckung mit dermalen Matrizes.

Die Gewebematrix

In den letzten Jahren hat sich in der parodontalen Defektchirurgie der Einsatz der porcinen, azellulären, dermalen Gewebematrix (PADM) NovoMatrix (Camlog) mit ihrer dem menschlichen Gewebe vergleichbaren histologischen Struktur als zuverlässige Alternative zu einem Bindegewebstransplantat etabliert und ist entsprechend dokumentiert [5]. Verwendet werden kann sie zur erfolgreichen Geweberegeneration bei Wurzelabdeckungen, zur Vermehrung keratinisierten Gewebes und zur Verdickung der Weichgewebe sowie bei der GTR oder auch als Barrieremembran anstelle eines freien Schleimhauttransplantats.

Hergestellt in einem speziellen Prozessierungsverfahren ist die porcine Gewebematrix frei von Spenderzellen und unterstützt das Einsprossen der patienteneigenen Zellen und Mikrogefäße, ohne dass strukturelle Veränderungen am Patientengewebe zu befürchten sind. Die Matrix wird in körpereigenes Gewebe umgewandelt, wodurch die gewünschte volumenstabile und optisch ästhetische Weichgeweberegeneration erzielt wird. 

Weitere Vorzüge von NovoMatrix sind eine sichere Vorhersagbarkeit aufgrund ihrer gleichbleibend hohen Qualität als „Industrieprodukt“ sowie ihre „unbegrenzte“ Verfügbarkeit, womit sie sich Kollagenmatrizes, Schmelz-Matrix-Proteine oder auch Blutkonzentraten überlegen zeigt [6]. Besonders bei umfangreichen Augmentationen müssen daher keine Limitationen in Kauf genommen werden. NovoMatrix ist vorhydriert, reissfest, wird in einheitlicher Stärke von einem Millimeter geliefert und ist ohne aufwändige Rehydrierung und positionsspezifische Ausrichtung bereits nach kurzer Lagerung in steriler Kochsalzlösung verwendbar. Bei Bedarf kann die Matrix auch doppelt aufgelegt werden [7] (Abb. 4).

Chirurgische Intervention

Der Umfang der Therapie bemaß sich auch in diesem Fall an den finanziellen Möglichkeiten des Patienten, den von ihm gewünschten ästhetischen Verbesserungen sowie am zahnärztlich-ethisch Vertretbaren. Neben der primären, möglichst dauerhaften Rezessionsdeckung an Zahn 23 galt es, das Risiko einer fortschreitenden Rezession an den Nachbarzähnen in Grenzen zu halten. Vor dem Eingriff war der Patient auf vorhandene, das Ergebnis möglicherweise beeinflussende Entzündungen hin untersucht und eine professionelle Zahnreinigung vorgenommen worden. (Abb. 1-3).

Zur Stabilisierung der Weichgewebeverdickung sowie nicht zuletzt für eine final harmonische Optik wurden neben Zahn 23 auch die Nachbarzähne 24 und 22 vollständig freigelegt, die freiliegenden Zahnwurzeln kürettiert und von den Schmierschichten befreit. Zudem erleichterte der vergrößerte Operationssitus auch das operative Handling. Währenddessen war die mit einer Schere passend zugeschnittene Matrix in flüssigem L-PRF zwischengelagert worden, um sie mit hochkonzentrierten Wachstumsfaktoren anzureichern.

Der koronale Verschiebelappen wurde als Spaltlappen präpariert – ohne Vertikalinzisionen, sondern nur mit einer im Papillenbereich mesial und distal der Rezession geführten Inzision [8]. Die Papillenspitzen wurden entepithelialisiert und zentral zur Rezession hin abgeschrägt, was wiederum das zwingend notwendige spannungsfreie Legen der Nähte erleichtert. Im nächsten Schritt wurde, beginnend mesial Zahn 22, mit dem Faden die Matrix an das Weichgewebe fixiert. Dadurch konnte die Matrix flächendeckend unter den Spaltlappen positioniert werden, ohne zu verrutschen. Danach wurde der Lappen von Zahn 22 mesial nach Zahn 23 und von Zahn 24 distal nach Zahn 23 sowie koronal verschoben und spannungsfrei vernäht (Abb. 5-12).

Drei Tage postoperativ zeigte sich der Operationssitus entzündungsfrei und gut durchblutet. Nach weiteren zwei Wochen war ein deutlicher Volumenzuwachs des komplikationslos verheilten Situs erkennbar, was auf eine gelungene und stabile Integration der Matrix in das Wirtsgewebe schließen ließ. Fünf Monate später deutete nichts mehr auf den Eingriff hin. Es dominierte eine natürliche, harmonisch in Form und Farbe an die orale Situation des Patienten angeglichene Weichgewebestruktur (Abb. 13-18).

Schlussbetrachtung

Die Aussage, dass hinsichtlich des Volumenaufbaus dermale Matrizes wie NovoMatrix den Biomaterialien überlegen seien und sogar noch einen kleinen Vorteil gegenüber Kollagenmatrizes hätten [1], hat sich zumindest in diesem Fall bestätigt. Um den Behandlungserfolg – vollständige Abdeckung der Wurzeloberfläche und Stillstand der Rezession – zu stabilisieren, ist seitens des Patienten die Etablierung einer adäquaten häuslichen Hygiene sowie ein regelmäßiger Recall unumgänglich – auch, um eventuelle Fehlbelastungen frühzeitig zu erkennen.

Letztendlich ist in Anbetracht der unterschiedlichen patientenseitigen Bedingungen sowie der verschiedenen Optionen für eine Rezessionsdeckung jedoch die Wahl der richtigen Operationstechnik, die klinische Erfahrung des Operateurs und die Compliance des Patienten, insbesondere seiner Putztechnik [8] entscheidend.

Autor

Dr. med. dent. Alexander Volkmann

  • 2000 bis 2005 Studium der Zahnmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • 2006 Approbation als Zahnarzt
  • 2006 bis 2010 Weiterbildung zum FZA Oralchirurgie
  • 2007 Promotion zum Dr. med. dent. an der Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • 2008 Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie (LZÄKTH)
  • 2010 Fachzahnarzt für Oralchirurgie
  • 2010 Niederlassung in eigener Praxis für MKG und Oralchirurgie in Eisenach
  • 2012 Neugründung einer Zweitpraxis in Jena gemeinsam mit Dr. Reuter
  • 2012 Studienaufenthalt Oral & Maxillofacial Surgery, Brooklyn NY
  • 2016 Mitglied des erweiterten Vorstand MVZI (DGI)
  • 2019 Vorstandsmitglied des MVZI (DGI)
  • Seit 2007 regelmäßige Vorträge zur Weiter- undFortbildung im In- und Ausland

volkmann@facelookconcept.de

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